"Fuck the EU!" (Victoria Nuland)
Wie leicht man die Ansichten seiner Mitbürger vorsätzlich beeinflussen kann, sollte jedem Menschen, der sich hin und wieder in die Gesellschaft anderer Homo Sapiens begibt, bekannt sein. Denken
wir diesbezüglich beispielsweise an streng vertrauliche Gespräche mit Familienangehörigen, Kollegen und Nachbarn, in denen es um die Verfehlungen gemeinsamer Bekannter geht und die einzig und
allein dem Zweck dienen, Neid und Zwietracht zu säen und zu ernten. Ähnliches geschieht augenscheinlich auch bei der Bildung öffentlicher Meinungen.
Zum Beispiel freut sich unsere unabhängige Presse immer wieder diebisch über jeden Kursverlust des Rubels und zeigt dazu anrührende Bilder von russischen Mütterchen, die sich auf dem Wochenmarkt
tagtäglich nichts mehr leisten können und ausgezehrt dicken deutschen Äpfeln nachtrauern. Den dicken deutschen Autos trauern manch andere Russen wahrscheinlich noch schmerzlicher hinterher, denn
mit deren Import ist es ebenfalls nicht einfacher geworden. Im übernächsten Bericht feiert sie (die Presse) dann barbusige Feministinnen als Speerspitze der Demokratiebewegung, obwohl diese
selbst in unserem schönen Rechtsstaat kaum ohne Konsequenzen schreiend durch Kirchen hüpfen dürften. Gut, hierzulande würden die agilen Damen nicht bis nach Sibirien deportiert werden, unseren
Vertretern ist damals bekanntlich weit vorher die Puste ausgegangen. Aber wir haben es immerhin versucht. Am wichtigsten in diesem Zusammenhang ist ohnehin - der böse Geist wurde anvisiert und
muss nun immer wieder an den Pranger gestellt werden, damit er sich dem einfachen Bürger einprägt und von ihm verabscheut werden kann.
Ich will nicht behaupten, dass es sich beim strengen Wladimir um einen lupenreinen Demokraten handelt, wie es unser Altkanzler einst formulierte, sonst wäre er sicher nicht so präsent in seinem
Kramladen. Natürlich ist er schon eine ganze Weile an der Macht und wird es wohl noch so lange bleiben, bis er selbst keinen Bock mehr hat. Ähnliches könnte man jedoch auch unserer verehrten
Kanzlerin unterstellen, die unangefochten im Chefsessel sitzt, mit den Beinen wippt und jeder Diskussion aus dem Wege geht. Auch sie wird uns noch ein Weilchen erhalten bleiben und sei es nur,
weil die anderen Torfköpfe ihr nicht das Wasser reichen können. Denn wer soll sie schließlich vom Throne stoßen? Die Sozialdemokraten? Da lachen ja die Hühner! Oder etwa die Weißbierpatrioten aus
dem Freistaat B - alles wird schlimmer…
In jeder zweiten Woche sendet das Bildungsfernsehen Putin-Interviews, um das Geheimnis des Großfürsten zu lüften und zusammen mit dem Zuschauer über die perfide Strategie hinter der Maske des
(leider) gewählten Präsidenten mutmaßen zu können. Was will der böse Mann aus dem Kreml wirklich erreichen? Die Ukraine übernehmen und die komischen Demokraten verscheuchen, wenn man dem
ukrainischen Präsidialoligarchen Schokoschenko glauben mag? Das Baltikum und Polen annektieren, wenn er schon mal unterwegs ist, wie vor kurzem die Krim und damit der NATO quasi den Krieg
erklären? Dass sich dieser gemeinnützige Verein inzwischen bis an den Hemdkragen, den Hosenbund der Russen ausgedehnt hat, mag man dem Bündnis verzeihen, schließlich hat es stets humanitäre Ziele
und ist damit der Heilsarmee nicht unähnlich. Sollten wir meinen.
Wir begeben uns für die Weltmachtsphantasien unserer Verbündeten in Teufels Küche, organisieren unabsehbare Konflikte mit Nachbarstaaten, mit denen wir gemeinsame Interessen teilen sollten,
verraten unsere angeblichen Ideale und stellen dem Frieden vor unserer Haustür ein Bein. Wir liefern Waffen an vermeintliche Freunde und protegieren fragwürdige Regierungen, die kriegerische
Auseinandersetzungen riskieren wie Geschlechtskrankheiten auf dem Straßenstrich. Sowas kann nicht lange gut gehen. Welche Länder haben in den letzten hundert Jahren Angriffskriege geführt? Nicht
alle Beteiligten - aber vor allem wir und unsere Kameraden.
Als ob wir keine anderen Sorgen hätten. Denn dabei außer Acht gelassen wird, dass die großartige Europäische Union unfähig ist, menschenwürdige Bedingungen für alle Menschen in Griechenland und
anderen Staaten Südeuropas aufrecht zu erhalten oder sie daran einfach kein Interesse hat, wohingegen sie den Rest der Welt oft und gern mit ihrem Geschwafel von Menschenrechten und Demokratie
beschlaumeiert. Der Bundesbürger hat das Bild des blutsaugenden Helenen derweil soweit verinnerlicht, das er dem arbeitsscheuen Südländer nicht einmal mehr den Metaxa in der Soße gönnt und ihm
die Pest oder wenigstens einen anstrengenden Ganztagsjob bis ins Greisenalter an den Hals wünscht. Soll er endlich mal arbeiten, der faule Hund! Erst unser schönes Geld in den Rachen gestopft
bekommen und dann auch noch diese grinsenden Sozialisten wählen. Wenn das der Führer noch erlebt hätte. Und die Deutsche Bank geahnt.
Zeitgleich neckt das vereinte Europa die multimorbide Ukraine und den verkorksten Balkan mit der EU-Mitgliedschaft, stellt ihnen Schuldenerlässe, Stabilität und Sicherheit in Aussicht und befolgt
damit vor allem Vorgaben des großen Bruders aus dem wilden Westen. Denn alles muss unter die Fuchtel der NATO gebracht werden, diese will unbedingt eigene Festungen im Heartland Eurasiens
errichten und Erdöl vorbei am finsteren Russland in den nordatlantischen Sektor fließen lassen. Was man mit Ex-Jugoslawien anfangen will, wissen die zuständigen Stellen wahrscheinlich selbst
nicht. Vielleicht meinen die hohen Herren, dort ihre geklauten Dienstwagen wieder zu finden oder sie denken sich, der Landstrich verlängert die Reihe, sowie Sammler manchmal uninteressantere
Devotionalien in ihren Fundus aufnehmen, um vor den Kollegen mit ihren prall gefüllten Taschen glänzen zu können. Bis da mal einer rein kuckt. Das wird wieder ein teures Vergnügen, soviel steht
fest.
Kein Wunder, das die Schwellenländer Asiens unser gutes, altes Europa nicht mehr ernst nehmen wollen. Weil es die eigenen Probleme partout nicht gebacken bekommt und als Markt immer unbedeutender
wird. Was gibt es dort zu holen, als vergreisende Landstriche, denen man nur noch billigen Zahnersatz, gefälschte blaue Tabletten und minderjährige Prostituierte verkaufen kann. Keine Rohstoffe,
keine Bedeutung, keine Zukunft. Möglicherweise würde ein Kurswechsel in Richtung Zurückhaltung und Bescheidenheit unserem Kontinent zur Ehre gereichen. Soll heißen: keine fremden Leute belästigen
und immer eine saubere Hose an haben, aus der nicht zwangsläufig die olle Bommel heraushängt, wie seit tausenden von Jahren. Einfach mal die Fresse halten. Das wäre etwas wirklich neues.
(HO)