"Beide bewachen sie den Schlaf des andern und besuchen einander in ihren Träumen." (Ted Sieger´s Wildlife)
Kaum ein kleiner Erdenbürger, der nicht einen ständigen Begleiter benötigt hätte. In früheren Zeiten mag dieser Kollege durchaus aus grobem Holz geschnitzt gewesen sein. Doch das hat sich
natürlich längst geändert. Die chinesische Spielzeugindustrie hält heutzutage eine unüberschaubare Auswahl an ausdünstenden Stofftieren für jeden neuen Kleinstmenschen bereit.
Read MoreUnserer ist jedoch kein Teddy, Elefant oder Pinguin, sondern eher ein Lappen mit Kopf. Er ist in etwa ein Tiger ohne Streifen oder ein Löwe ohne Mähne. Selbstverständlich muss solch ein
Teil einen verständlichen Namen haben, den das Kind im Rahmen der Fortbildung auszudrücken im Stande ist. Deshalb heißt der unsere Thomas. Das geht locker von der Zunge und spart Platz im Hirn.
In der Phase des Spracherwerbs nannte der Nachwuchs ihn Masdo! oder so ähnlich. Aber die Eltern wussten ja stets, was damit gemeint war. Obwohl wir andererseits anfangs glaubten, das Kind könne
von Geburt an Hebräisch sprechen.
Den ersten Thomas bekam der Spross von seiner Tante Lametta im Alter von drei Monaten geschenkt. Ein idealer Zeitpunkt, um einen Freund fürs Leben zu finden. Vom Tag der Schenkung an hatte er ihn
an der Backe. Er war und ist immer dabei. Zum Schlafen, auf Reisen und auch damals im Kindergarten musste der Thomas verfügbar sein. Keine Träne, die er nicht getrocknet, kein hervorbrechender
Zahn, der ihn nicht zerkaut hätte. Er kam immer kurz vor den eigenen Eltern. Ohne ihn ging gar nichts.
Dank lebhafter Schilderungen befreundeter Eltern waren wir auf das Problem der Unersetzbarkeit eines solchen Lieblingskuscheltieres vorbereitet. Deshalb erstand ich bei meinem alten Freund Ebay
zeitnah vier weitere Thomasse gegen Verlust und Verschleiß. Zum Glück entstammte unser Busenkumpel nämlich dem allgegenwärtigen Tchibo-Imperium und war demzufolge recht günstig im Erwerb. Ein
großer Vorteil, fürwahr.
Wir konnten also jederzeit wechseln. Denn die Dinger müssen ja auch mal gewaschen werden, wenn sie von Sabber, färbenden Nahrungsmitteln und anderem Dreck verunreinigt sind. Durch ständigen
Gebrauch kommt dies immer wieder vor. Ich hörte von Anderer Leute Kindern, die leidend vor dem Bullauge der Waschmaschine hockten und sehnsüchtig darauf warteten, den klammen Stoffballen wieder
in ihre liebeshungrigen Arme schließen zu können. Das haben wir zum Glück nie nötig gehabt.
Natürlich ging und geht der kleine Froschkönig auch gern mal mit drei Thomassen zu Bett. Wer ist schon gern allein. Wobei die mit den Löchern, in die man einen Finger einführen kann, eindeutig
den Vorzug haben. Darauf müssen wir achten. Die Löcher hat das Kind in jahrelanger Kleinarbeit in die Arme und Beine hineingenuckelt. Da muss man Prioritäten setzen. Ohne Loch geht nicht.
Wenn der Kronerbe über Nacht verreist ist, lässt er seiner Mama gern einen Thomas da, den sie mit ins Bett nehmen kann und von dem sie sich über die kinderlose Nacht trösten lassen soll. Dies ist
sehr großzügig und zeigt die gute Erziehung des Nachwuchses. Doch von mir hat er das vermutlich nicht. Meine Kuscheldinger hatten nur selten Namen und waren in meinem Kinderbett eher Ballast, als
Bereicherung. Nicht einmal meine brettharte Pullerpuppe hatte es zu einem richtigen Namen bringen können. Das war mir schnuppe, obwohl sie so schön pullern konnte.
Wir haben sogar noch einen originalverpackten Thomas im Schrank. Für den absoluten Notfall. Oder wenn der Bengel mal heiraten sollte. Da haben wir schon mal ein repräsentatives Geschenk in petto.
Die zukünftige Gattin wird sich wundern. Und ich freu mich jetzt schon.
Die Namensgebung der anderen weichen Probaten oblag in den ersten Jahren glücklicherweise den werten Eltern. Und wir hatten viel Freude daran. Den Bären mit der Strippe und der duseligen Musik im
Po wollte ich ursprünglich Günther nennen. Doch die Kindsmutter verlangte zur Abwechslung mal einen Namen mit einem B am Anfang. So wurde daraus unweigerlich Bünther oder auch Bünthi. Also, ich
mochte den.
Dank unserer Vorliebe für klassische Vornamen haben wir einen Löwen Markus, einen Esel Uwe und einen Hasen Ilse in unserem Besitz. Leider mussten wir diese Phase der willkürlichen Benamsung
langsam hinter uns lassen. Das Kind spricht inzwischen mehr, als einem manchmal lieb ist und würde solche Bevormundung weit von sich weisen. Die hartleibigen Bionicles, derer wir inzwischen
habhaft geworden sind, bedürfen eines solchen Aufwandes ohnehin nicht. Sie tragen von Geburt an völlig verrückte, unaussprechliche Namen. Aber dem Thomas ist der Heranwachsende dennoch treu
geblieben. Keine Nacht ohne ihn. Außerdem kann man den sehr gut durch die Gegend schmeißen oder sich damit gegenseitig verkloppen. Das freut auch den Papa immer wieder.
Werdenden Eltern kann unser durchweg positives Beispiel als Orientierungshilfe dienen. Eine ordnungsgemäße Planung, nicht nur der Nachkommen, der löchrigen Finanzen und der Einrichtung des
Kinderzimmers ist von Nöten. Auch die kindliche und nicht zu letzt die elterliche Psyche bedürfen eines Weitblickes, der zukünftige Sorgen bereits im Keim zu ersticken vermag.
So isses halt besser. (HO)